Der Yoga des Augenblicks – Zum Tod von TKV Desikachar
In der Nacht zum Montag, den 8. August, ist der weltbekannte Yogalehrer TKV Desikachar in Chennai/Indien im Alter von 78 Jahren gestorben. Über viele Jahrzehnte hat er den Yoga uns westlich geprägten Menschen zugänglich gemacht. Sein Verdienst ist es, den Yoga als ein dynamisches, ständig in Veränderung begriffenes und weltoffenes System vermittelt zu haben mit dem einzigen Ziel, Menschen in ihrem Leben weniger Leid und mehr Sinn in einem menschenwürdigen Zusammenleben finden zu lassen.
TKV Desikachar war von Beruf Ingenieur und ist erst mit Anfang Dreißig zum Yoga gekommen, obwohl er in einer Familie aufgewachsen war, die sehr traditionsbewusst war und eine der bedeutendsten Yogalinien in Indien verkörperte. Aufgewachsen in einem Indien nach der Unabhängigkeit, einer Zeit, in der Tradition und Vergangenheit idealisiert und extrem geschätzt wurden, wandte sich Desikachar gegen diesen Trend und setzte auf den „gegenwärtigen Augenblick“ und auf das Menschliche. Lange Jahre hatte er sich geweigert, sich mit Yoga zu beschäftigen. Erst nachdem er erlebt hatte, wie sein Vater, der legendäre T.Krishnamacharya ( vielen Menschen bekannt durch den Film: „Der atmende Gott“ – Reise zum Ursprung des modernen Yoga, 2012) kranken Menschen damit half, lies er sich von seinem Vater unterweisen – aber nur unter der Bedingung, dass sein Vater auf alle religiös-spirituellen Inhalte verzichtet. Es war die Entdeckung, dass Yoga ein Werkzeug für Gesundheit und Heilung sein konnte, die ihn dazu brachte. Er beanspruchte weder die altehrwürdige Tradition noch ein ewigen Wissen für den Yoga. Für ihn gab es nur eine Tradition: dass Menschen immer wieder leiden und die ewige Sehnsucht und Suche nach Glück, das im Leben erreicht werden kann. Und so wurde das Verringern von Leid zum Gegenstand seines lebenslangen Bemühens.